Es ist wohl wieder Saison. Sie kommen wie aus dem Nichts, vereinzelte Foreneinträge sind ihre Vorboten. „Welche Themen habt ihr für eure Vorträge gewählt?“. 2 Tage Nichts, dann eine Antwort… und noch eine, eine weitere Frage… es wurde etwas losgetreten. Etwas, dass die ganze Unsicherheit, die Vorfreude, den Wunsch nach Austausch und das ungeduldige Warten offen legt. Wie eine Lawine stürzt es über Blogs, Foren, Youtubekanäle und Facebookseiten herein. Die neue UWC Bewerbungsrunde wurde eingeläutet.
- Guten Tag Emma, ich folge deinem Blog bereits eine ganze weile sehr Interessiert. Ich wollte dich mal fragen was du an Hobbies und Freizeitaktivitäten vor dem UWC gemacht hast. Liebe grüße Fabian.
Als ich dieses Kommentar gelesen habe wurde ich in meine eigene Bewerbungsphase zurückversetzt. Auch wenn ich gerade selbst eine unglaublich aufregende Zeit erleben darf weiß ich, dass ich diesen Blog unteranderem für „zukünftige Bewerber“ angefangen habe, um euch da draußen Informationen und einen Ansprechpartner zu bieten. Ich möchte diesen Eintrag nutzen, dieses Jahr die unsicher bis hysterischen Beiträge zu reduzieren und euch wenigstens etwas Ordnung und Gelassenheit mitzugeben.
Danke, an alle Blogbesitzer, Alltagsautoren, Pausenpoeten und Freizeitfotografen die mitmachen werden.
Hier sind 10 Fragen, die ich damals beantwortet haben wollte:
1. In zwei Sätzen: Wer bist du und warum beantwortest du diese Fragen?
Darf ich vorstellen: Olivia (17), pragmatische Idealistin, verpeilter Perfektionist, unverbesserlich optimistisch realistisch und, nach erfolgreicher Bewerbung, bald Schülerin des Li Po Chun Colleges (UWC) in HongKong. Ich beantworte die Fragen… …weil ich sie selbst gestellt habe, damals wie heute.
2. Wieso hast du dich damals dazu entschieden dich zu bewerben?
Ich erfuhr erst im Juli 2014 von UWC und hatte Mitte September damit abgeschlossen, scheinbar akzeptiert mich nicht bei UWC zu bewerben. Das Geld würde nie reichen, meine Mutter war zu der Zeit in der Klinik, die Oberstufe vereinnahmte mich immer stärker, alles änderte sich und ich wusste nicht, ob ich überhaupt auf ein UWC gehen könnte. Ich würde wohl immer ein verwaistes Nutzerprofil mit unvollständig ausgefüllten Antwortkästen bleiben.
Die Begeisterung für das Konzept hinter den United World Colleges aber blieb. Und so rückte der Einsendetermin immer näher und verstrich schließlich. Chance vertan. NICHT! Einen Tag später schaute ich auf die Seite… …UND DIE BEWERBUNGSFRIST WURDE VERLÄNGERT.
– Du wirst nie wissen ob es funktioniert hätte, wenn du es nicht versucht hast! – (Jemand der Recht hat, damit aber ziemlich nervt.)
3. Selbstzweifel: Mache ich genug? Bin ich gut genug? Was machen die anderen? Sind sie deshalb besser?
Ja! Auf jeden Fall! Hoffentlich ihr eigenes Ding! Nicht wenn du auch dein Ding durchziehst!
Du spielst nicht für die Bewerbung Trompete. Du skatest, singst, fotografierst nicht für die Bewerbung. Du hilfst nicht wegen einer Bewerbung beim Gottesdienst oder der Hausaufgabenbetreuung. Du tust es weil es dir Spaß macht, weil du darin einen Sinn siehst, weil es einfach dein Ding ist. Zeige das auch in deiner Bewerbung. Auch wenn du meinst zu wenig zu machen, hast du immer noch deine Meinung und Gedanken. Wer sagt denn, dass Nachdenken kein interessantes Hobby ist?
Ich habe damals eine Menge Dinge angegeben: Ehrenamt bei der Tafel, Fußball, Jugend Forscht,… und ich habe alles gerne gemacht, es war Leidenschaft oder Zeitvertreib. Nachdem ich mit voller Begeisterung die neunte Aktivität beschrieb, hatte ich sogar die Sorge, dass es unrealistisch erscheinen könnte. Aber das war nun einmal ich. Und so wurde aus der Neunten eine Zehnte, eine Elfte…
Wie ihr oben gelesen habt, habe ich mich seeeehr kurzfristig beworben, deshalb lag mir nur mein altes Halbjahreszeugnis vor. Mit einer 5. In Mathe. Dem Fach das ich immer geliebt habe. Mit dem ich mich in meiner Freizeit beschäftige. Aber da stand eben eine 5. Pech gehabt. Die 4 in Englisch und Französisch störte mich da schon nicht mehr. Erklären, warum die außerschulischen Aktivitäten mit den Noten im Kontrast standen, oder dass man oft krank war, dass man sich im Endjahreszeugnis überall um 1-2 Noten verbessert hatte, konnte man nicht. Aber das war nuneinmal ich.
Lasst euch durch Notenschnitte oder ständigem vergleichen mit den anderen Bewerber nicht abbringen. Es werden Persönlichkeiten gesucht. Menschen voller Begeisterung für das Konzept, voller Motivation und Tatendrang. Du wirst gesucht.
4. Unklarheiten bei der Bewerbung, was wollen die von mir?
Beschreibe deine Rolle in einer konkreten Gruppensituation… so oder so ähnlich brachte man mich komplett durcheinander. GRUPPENSITUATION hat mehr als 15 Buchstaben, das muss doch ein Fachwort sein. Was genau stellen die sich also darunter vor? Und warum konkret? Und überhaupt! Heute kann ich darüber schmunzeln, wie ich das Internet nach einer Antwort durchsucht habe. Beantwortet die Fragen, wie ihr es für richtig haltet, wenn ihr nicht wisst, was ihr für richtig halten sollt, schreibt jemanden an der das Alles schon hinter sich hat.
1000 Zeichen! Hier ist klar was sie von mir wollen, eben höchstens 1000 Zeichen. Aber WARUM? Warum zählen Satz- und Leerzeichen? Nehmt es so hin. Beschränkt euch auf die Kernaussage und formt sie zu einem prägnanten Text, keiner erwartet eine Doktorarbeit, man erwartet 1000 mit bedacht gewählte Zeichen.
Zeichenzähler (zwischenspeichern nicht vergessen)
5. Welche Fragen hast du dir damals gestellt und was sind die Antworten, die du heute kennst?
1. Das Wunsch College: Meine Angabe war neuer Kontinent, neue Kultur, Politik. Ich wäre heute auch mit allem anderen zufrieden.
2. Das Geld: Bei mir konnte alles reibungslos geklärt werden.
3. Die Anderen: …wirst du früh genug kennen lernen.
4. Das Stiftungsbüro: …darf immer kontaktiert werden.
5. Rückzieher: Sind möglich, aber nicht nötig.
6. Bewerbung in der 11.: Man verschwendet KEIN Jahr, es wird einem geschenkt!
7. Kein Whats App und so?: Ich habe nicht das Gefühl etwas verpasst zu haben.
8. Die vielen Fragen: Werden sich (objektiv betrachtet) rechtzeitig klären.
6. Positive Erinnerung: Was war in der Bewerbungsphase besonders witzig/schön/interessant/…?
Ich habe mich mit mir selbst auseinandergesetzt. Es tut gut, sich über sich selbst im Klaren zu sein. Alleine die Bewerbung auszufüllen ist ein Erlebnis für sich und selbst wenn man nicht das passende Alter hat sollte man sich ab und zu fragen: Was war ein wichtiges Erlebnis in meinem Leben? Was will ich später einmal machen? Wie stehe ich zu einem aktuellen politischen Thema? Wir alle machen das unbewusst immer und immer wieder, aber diese Gedanken präzise zu formulieren und aufzuschreiben tun wir seltenst.
Also der Aufruf: Geh die Bewerbung durch, füll sie aus, schick sie ab.
7. Negative Erinnerung: Was war anstrengend/nervig/…?
Gutachten! Wie erklärt man seinen Lehrern am besten, dass man innerhalb von zwei Wochen ein Gutachten für die Bewerbung an einem UWC braucht? Ich habe das Glück, die letzten Jahre unglaublich interessierte Lehrer zu haben. So habe ich meine Gutachten noch pünktlich bekommen, wenn auch mit dem einen oder anderen Kommentar. Danke, Danke, Danke an meine Gutachtenverfasser. Kümmert euch gleich am Anfang darum, es ist schrecklich nur warten und hoffen zu können.
8. Jeder erinnert sich daran: Willst du die Bewerbung so abschicken? Ja!
Ja, ja, der Moment ab dem man die Kontrolle verliert, es liegt nicht länger in meiner Hand. Ich habe nicht aus freien Stücken entschieden die Bewerbung abzuschicken, ich habe nicht gesagt: „So, jetzt bin ich zufrieden.“. Ich habe die Bewerbung am 15.12.15 um 23:42 (MEZ) abgeschickt. 3min vor Einsendeschluss. Warum? Na, weil ich meine gesamte Bewerbung an drei Tagen geschrieben habe, durchgehend. Ich war in dieser Nacht außerdem erkältet und war einfach nur erleichtert fertig zu sein. Danach habe ich mir eine Suppe gemacht und bin eingeschlafen. Bis zum nächsten morgen hatte ich sogar verdrängt, dass ich mich wirklich beworben habe und war eine ganze Woche krank :D. Ob ich es wieder so machen würde? Natürlich nicht! Nimm dir Zeit dafür, aber erwarte nicht, dass es perfekt wird.
9. Wie hast du gewartet? Du wurdest angenommen, aber warst du auch auf eine Absage vorbereitet?
Als meine Erkältung endlich überwunden war fing das Warten an. Ich hatte mir vorgenommen einfach weiter zu machen wie bisher, trotzdem erwischte ich mich manchmal mehrere Mal am Tag dabei, wie ich an das Antwortschreiben denke. Mitte Januar müsste es doch soweit sein? Ich gehe auf ein Internat und bin immer und immer wieder zwei Wochen nicht Zuhause, was wenn da der Brief kommt? Freitagabend ruft mich meine Schwester an: Es ist soweit! Ich höre zu laute Musik um mich abzulenken. Mein Bruder öffnet den Brief. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so gespannt bin. „Wir freuen uns ihnen mitteilen…“ ich höre nicht weiter zu. Tränen der Erleichterung.
Ich war auf Nichts vorbereitet! Ich konnte mir nie erklären, warum ausgerechnet ICH in diesem Moment so reagiert habe, sogar die Zusage HongKong habe ich besser aufgefasst.
10. Drei Dinge die du den zukünftigen Bewerbern mit auf den Weg geben möchtest:
Tu es!, egal wie sehr du gerade noch zweifelst. Du wirst dich nie fragen müssen, „Was wäre gewesen wenn?“.
Nimm es mit mehr Gelassenheit. Auch eine Absage ist kein Weltuntergang. Ich hoffe, dass jeder von euch etwas findet, das ihn erfüllt, für das er sich einsetzen möchte und das ihn weiter bringt. UWC ist nur eine Möglichkeit.
Sei du selbst! An allem Anderen wirst du kläglich scheiter. 😉
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Wenn ihr weitere Fragen habt oder unsicher seid, scheut euch nicht davor uns anzuschreiben.
…und wer weiß, vielleicht bist genau du, da draußen, vor dem Bildschirm, mein zukünftiger First-Year…
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